Das erste Jahr im Offenstall ist meist schwierig, denn das ist die Zeit, die ein Pferd mindestens braucht, um sich einzuleben. Unser Pferd kam dazu aus reiner Boxenhaltung und dann im Nachhinein noch das n/Px, was ja Routine in seinem Leben braucht. Aufgrund der Koliken, der Magen- und Leberproblematik war Raini schon recht schlank. Im ersten Jahr Offenstall ist er dazu noch abgemagert. Es war sicher alles Stress für ihn. Jeden Tag hatte er neue Katscher. Wir haben jeden Tag Blauspray und Creme verwendet. Ich glaube, es gab an dem Stall kein Pferd mit so vielen Verletzungen. Aber wenn man ihn so in der Herde sah, wirkte er sehr viel glücklicher als in seiner Box oder allein mit Sansi auf der Weide. Er kraulte sich mit den Kumpels oder lag und schlief im Stroh, auch alles Zeichen, dass die Pferde sich wohl fühlen.
Die erste heftige Verletzung kam dann auch schon im ersten Monat. Raini hatte eine tiefe, blutende Verletzung am Kopf zwischen den Ohren. Keiner wusste wo die her kam, sie war einfach da. Der Bereich zwischen den Ohren schwoll dann auch an und Raini hatte richtig Schmerzen und brummte dann sogar. Der Tierarzt diagnostizierte eine Gehirnerschütterung. Wir machten bestimmt 2-3 Wochen lang nichts außer Füttern, aber auch das fiel ihm schwer, weil er vor Schmerz nicht einmal vom Boden fressen konnte. Dadurch gewöhnte er sich eine Schonhaltung an und hatte dann direkt mal eine dicke/geschwollene Schulter. Auch da kam der Tierarzt. Auch hier mussten wir länger pausieren. Bestimmt nochmal 3-4 Wochen. Auch hier hatte er starke Schmerzen. Danach fingen wir langsam an, ihn im Schritt zu longieren. Irgendwann, als er nicht mehr vor Schmerz gegrunzt hat beim Antraben, haben wir den Trab dazu genommen und dann irgendwann den Galopp. Alles in allem hat das Ganze mindestens 3 Monate gedauert, bis wir uns dann wieder drauf gesetzt haben. In dieser Zeit holen wir das erste Mal die Osteopatin Petra Kuske, die uns von mehreren Leuten empfohlen wird. Sie gibt uns einige Hilfe für das Training. Raini hat sehr wenig Rückenmuskulatur und da empfiehlt sie uns viel Longieren und auch die Equikinetic zum Muskelaufbau. Generell empfiehlt sie uns Raini mindestens 2x die Woche “rückenfrei” zu arbeiten, also ohne Sattel und Reiter, etwas, was bei uns im alten Stall bei einem gesunden Pferd fast undenkbar gewesen wäre.
Etwa im Mai zieht die große Herde, also die Warmblüter, ohne die Mausis auf die große Sommerweide um. Wir haben richtig Angst wegen Stress und dem ganzen Gras und Koliken. Aber Raini geht es gut. Seit langem kein Kotwasser mehr, keine Anzeichen von Koliken.Jetzt ist er schon ein Jahr Kolikfrei. Nur zunehmen tut er nicht. Der Tierarzt rät uns mal Kotproben zu sammeln und auf Würmer zu testen, aber es ist alles negativ. Wir füttern ihn dann auf Anraten mal mit Mais Cobs. In der Herde wird so langsam deutlich, dass Rain man so viele Verletzungen hat, weil er Konflikten so gar nicht aus dem Weg geht. Er scheint dadurch im Rang immer weiter aufzusteigen. Offenbar ist er gar nicht so niedrig im Rang wie wir immer gedacht haben. Wir reiten sehr viel aus. Das tut ihm generell gut, weil Ausreiten die einzige Form vom Reiten ist, die ihm Spaß macht und das bergauf und ab ist auch gut für die Muskeln. Wir verlagern auch gerne mal das Galopptraining ins Gelände, denn hier gibt er auch mal Gas.
Wir dachten im Sommer noch, dass wir jetzt mit dem Gröbsten durch. Im Herbst, kurz vor Ende des ersten Jahres im Offenstall, folgte die nächste schlimme Verletzung: Er hatte hinten links am Sprunggelenk auf einmal eine sehr tiefe Wunde. Es sah aus, als wenn er sich die an einer Litze oder einer anderen Schnur geholt hätte. Er stand auf nur drei Beinen, mit einem Hinterbein angewinkelt in der Luft, als Kerstin ihn auf der Weide fand. Zu zweit mussten sie ihn von der Weide holen. Zum Glück war der Tierarzt da und Kerstin hatte mich sofort erreicht und ich hatte frei und konnte sofort zum Stall kommen. Der Tierarzt hat die Wunde direkt desinfiziert und konnte Antibiotika geben und es muss kurz zuvor passiert sein. Raini kam auf den Krankenpaddok und belastete das Bein schon wieder, als ich kam. Herbert, der Hoftierarzt Herbert Dreesen, sagt, dass das eine lange Geschichte wird, auch wenn wir Glück hatten, dass es noch ganz gut aussieht. Auch wenn die Wunde tief ist, sind weder Sehnen noch Muskeln, noch Knochen und auch nicht das Gelenk betroffen. Er belastet das Bein und läuft einigermaßen normal. Daher will er auch erst einmal nicht röntgen. Die Wunde war sauber und er hat sofort Antibiotika bekommen so dass man davon ausgehen kann, dass es sich nicht entzünden wird. Man kann an dem Gelenk nicht nähen, weil es permanent der Bewegung ausgesetzt ist. Daher bleibt es offen und soll so heilen. Wir müssen es anfangs immer mit dem vollen Wasserstrahl reinigen um auch wildes Fleisch zu verhindern. Er bekommt Antibiose und Schmerzmittel/Entzündungshemmer die ersten Tage und soll auch bis die Wunde zu ist auf dem Krankenpaddok mit eigenem Offenstall bleiben, zusammen mit einem Pony, dass eine Sehnenverletzung hat. Die Wunde sieht schlimm aus und er tut mir einfach nur leid wie er so auf dem Krankenpaddok rum humpelt. Aber er ist immerhin schon in der Lage das arme Pony vom Heu weg zu jagen, damit er an die bessere Stelle kommt. Jeden Tag behandeln wir die Wunde mit Wasser und Desinfektionsmittel und das Gelenk wird erstaunlich schnell dünn und es entzündet sich tatsächlich nichts. Wir gehen jeden Tag spazieren mit ihm und er lahmt schon an den ersten Tagen im Schritt erstaunlicherweise nicht. Daher röntgen wir auch nicht. Traben tun wir die erste Woche nicht. In der zweiten Woche traben wir mal für den Tierarzt und er lahmt nicht, so dass für Herbert klar ist, dass außer der Wunde nichts betroffen ist, wie er anfangs schon vermutet hat. Auf dem Paddock steht nun noch ein Pony und Raini ist der Chef in der Gruppe. Er gewinnt erst einmal an Selbstvertrauen. Aufgrund der ständigen Bewegung dauert es aber wirklich lange, bis die Wunde sich schließt. Nach ca. 2 Wochen wird Raini auf dem Krankenpaddok nervös. Er scharrt wie bei seinen Koliken und rennt im Kreis rum. Als wir ihn einmal zum Spazieren holen hat er so viele Hummeln im Hintern, dass wir ihn erst einmal auf dem Reitplatz laufen lassen müssen. Da entscheiden wir dann, dass wir ihn trotz der offenen Wunde wieder in die Herde stellen, für Herbert ist das ok. Also darf er zurück. Die Osteo kommt nach ca. 4-5 Wochen und behandelt die Wunde mit dem Laser und siehe da, nach nicht einmal 2 Tagen ist die Wunde zu. Da fangen wir auch wieder an, mit ihm Bodenarbeit zu machen und zu longieren und nach 8 Wochen sitzen wir wieder drauf.
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