Ich habe mir schon immer ein eigenes Pferd gewünscht, aber wir hatten nie die Zeit. Mein Mann und ich haben länger in verschiedenen Städten gearbeitet und hatten daher lange Zeit eine Fernbeziehung und uns daher nur am Wochenende gesehen. Unter der Woche war ich allein. Daher bin ich dann 2x unter der Woche im Schulbetrieb geritten. Eine Reitbeteiligung war nicht ganz so mein Fall, weil ich immer die Erfahrung gemacht habe, dass man sich mit den Trainingsmethoden usw, nicht immer einig wird. Der Mann und ich waren uns aber immer einig, dass sobald er einen Job in der Region hätte, würde ein Pferd gekauft. Ein gemeinsames. Und 2014 fand der Mann dann endlich einen neuen Job in meiner Nähe und sollte dann Mitte August umziehen. Also fing ich im Mai an auf ehorses zu suchen. Es war schwierig, die auf ehorse beschriebenen Pferde waren in der Realität nie so wie beschrieben. In meinen Vorstellungen war das Pferd eh ein gescheckter Sportpferde Wallach. Groß und Schlank. Und brav sollte er sein, weil ich nach einem blöden Reitunfall noch nicht ganz das Vertrauen hatte wie früher. Natürlich sollte das Pferd gesund sein, barhuf, leicht in der Anlehnung und am besten L Dressur fertig, nicht älter als 10 Jahre, mindestens 1.60m groß, gerne größer usw. Also das was alle wollen. Und natürlich gab es zig Anzeigen, die das auch versprachen, dann aber meist mit der Formulierung "wegen kleinem Mangel, der das Pferd nicht beeinträchtigt, weit unter Wert abzugeben". Der Mangel war dann wahlweise Arthrose, Chip, Ekzem, periodische Augenentzündung, chronischer Husten usw. Ich war total überfordert und dachte, dass wir nie unser Pferd fanden. Darüber sprach ich Anfang Juli mit einer Freundin im Stall. Sie meinte, ich soll einfach mal mit unserem Reitlehrer sprechen oder gleich das neue Schulpferd kaufen, auf das sie mir dann gleich zeigte. Ein langweiliger brauner ohne jegliche Abzeichen, der eher aussah wie 4. War nicht mein Typ und mit 4 viel zu jung. Also hab ich die ganze Pferdesuche erst einmal verschoben auf die Zeit, wenn der Mann endlich umgezogen ist. Da hätten wir eh mehr Zeit zum Probereiten zu fahren und dann könnte ich ja auch noch meinen Reitlehrer um Hilfe bitten.
Zwei Wochen später sollte ich dann das neue Schulpferd mal ausprobieren in der Reitstunde. Rain man hieß das Pferd. Ich war etwas nervös, weil die jungen Schulpferde meist einen Schaden hatten und einen oft schnell wieder absetzen wollten. Aber gut, was solls, das Pferd sah ja so ganz nett aus. Also Pferd aus der Box geholt und dann geputzt. Es atmete sehr laut und sah generell nicht sehr gut aus. Sehr hoher Widerrist und kaum Rückenmuskel. Schlechte Zähne, Schlechte Hufe und das Fell sah auch sehr schlecht aus. Hufe geben konnte es auch nicht wirklich gut. es schwankte sehr. Aber es war mega schmusig und wollte viel gekrault werden. Und als ich mich dann auf das Pferd setze fühlte ich mich sofort wohl und auch sicher. Es war wie nach Hause kommen. Er war mega triebig und man hatte nichts in der Hand. Er rollte sich praktisch am langen Zügel schon ein. Ich ritt eigentlich lieber die Pferde die etwas fleißiger waren. Aber trotzdem habe ich mich super wohl gefühlt. Das laute atmen war etwas beunruhigend aber es schien ihn nicht wirklich zu behindern. Nach der Reitsunde erzählte ich meinem Mann von diesem Pferd und sagte ihm, dass das unser Pferd wäre auch wenn es eigentlich ja so gar nicht passte. Mein Plan war, ihm im Schulbetrieb schon etwas kennen zu lernen und dann zu kaufen, wenn der Mann dann endlich nach Köln gezogen war. In der Folgewoche wollte der Mann dann zum zuschauen kommen. Und da war er auf einmal wieder weg, war zu teuer für den Schulbetrieb. Mist, alle Pläne für die Katz. Schade, aber dann sollte es wohl doch nicht sein.
Ein Monat später war der Mann dann umgezogen und ich entschloss, es war ein guter Zeitpunkt mal mit meinem Reitlehrer zu sprechen. Ich sagte ihm, dass wir planen ein Pferd zu kaufen, dass vom Typ her so sein sollte wie Rain man. Und da sagte er, dass der Rain man noch bei der Händlerin stand. Eigentlich sollte er verkauft sein, aber der Käufer sei im letzten Moment abgesprungen, und er könnte mir einen Termin zum Probereiten besorgen. Er konnte nichts versprechen, würde am selben Tag nochmal bei der Händlerin anfragen. Und wir hatten Glück, Rain man war noch da und wir konnten eine Woche später Probe Reiten. Ich konnte mein Glück nicht fassen. Daniel hingegen war skeptisch, weil ich ihm ja von den ganzen Mangeln berichtet hatte. Als er Rain man das erste mal sieht sagt er, dass das Pferd ja total langweilig aussieht, er ist halt einfach nur braun und hat keine Abzeichen. Generell ist er zu dem Zeitpunkt eher zurückhaltend und nicht so das Schmusepferd. In dem Stall der Verkäuferin heißt das Pferd allerdings nicht Rain man sondern Raj, wie der Inder aus der Big Bang Theorie Serie, die Lieblingsserie von meinem Mann. Das passt doch super. Im Nachhinein muss ich sagen, haben wir nicht einmal den Namen Raj verwendet, bei uns hieß er immer Raini oder Rain man. Die Verkäuferin erwähnt immer wieder dass er eine ganz tolle Abstammung hätte, ein Rubinstein und super gute Papiere. Ich kann damit gar nichts anfangen, in meiner Vorstellung kann man auf Papieren nicht reiten. Ich kann nicht einmal etwas mit der Rasse "Deutsches Sportpferd" etwas anfangen. Aber mich wundert natürlich schon dass ein so tolles Pferd dann im Schulbetrieb/beim Händler landet.
Beim Reiten ist er auch eher langweilig, triebig, macht das was er soll, kann aber nicht viel. Nach dem Reiten stehen wir mit dem Rain man in der Stallgasse und unterhalten uns mit der Besitzerin über die nächsten Schritte. Sie hat einen unterforderten Border Colli, der immer wieder einen Ball geworfen bekommen will. Er legt ihn vor die Füße von einem und wenn man ihn nicht weg schießt oder wirft fängt er irgendwann an zu bellen. Als aber irgendwann keiner der Menschen mehr reagiert legt der Hund den Ball vor Rainis Hufe und bellt ihn an. Raini senkt dann den Kopf und versucht dem Hund den Ball mit der Nase anzustoßen. So niedlich. Als wir im Auto sitzen sagt der Mann dass das der Moment war wo er sich dann doch für Raini entschieden hat.
Auch wenn ich ihn sofort gekauft hätte, wurde mir gesagt, dass man immer mehr als einmal Probereiten soll. Der RL bietet sich an nochmal mit hin zu kommen und das nehme ich natürlich dankend an. Beim zweiten Termin steht Raini schon gesattelt in der Halle. Die Verkäuferin sagt, dass sie ihm mal was gutes tun wollte und ihn mal auf die Weide gestellt hat. Irgendwie traurig, ein Pferd gehört doch auf die Weide. Ich setze mich drauf und reite warm. Im Schritt ist er steif und irgendwie lahm. Die Verkäuferin meint dass das vielleicht vom Regen kommt als er auf der Weide war, er war wohl auch beim Putzen/Satteln etwas empfindlich im Rücken. Wir hängen ihn an die Longe. Im Trab und Galopp nichts zu sehen und danach auch im Schritt nicht mehr. Der RL kommt und sagt ich soll mal etwas reiten. Alles läuft Prima, wir probieren ein paar Dinge aus, auch mal die Gerte benutzen oder mal ein paar komische Geräusche machen, er bleibt super brav. Nichts mehr von der Verspannung anfangs zu spüren. Der RL sagt, dass das schon mal vorkommen kann, wenn dem Pferd im Regen kalt wird und wenn da etwas wäre, würde das in der AKU auffallen. Also entscheiden wir uns danach einen Termin für die AKU zu machen. Mein Schock und die innere Verzweiflung als er kurz lahmte zeigte mir aber schon, dass ich das Pferd im Herzen schon gekauft hatte. Es war einfach perfekt, weil es ja doch das Pferd war, wo ich im ersten Moment auf seinem Rücken wusste es war meines.
Raini bei der AKU
Die AKU war in drei Tagen angesetzt. Der Tierarzt ein Bekannter von meinem RL. Ich war so aufgeregt und hoffte so sehr, dass nichts schlimmes gefunden würde. Wir hatten eine kleine AKU verabredet und nur bei Auffälligkeiten zu röntgen. Raini war so ruhig wie immer, das fiel auch dem Tierarzt auf "Das ist aber ein ruhiger Geselle". Beugeproben, das Laufen, PAT Werte, Herz und Lunge alles unauffällig. Er hat einen Ton, der wird auch untersucht: Halbseitige Kehlkopflähmung. Aber das hatten wir schon vermutet. Dann hat er ein Überbiss und das Gebiss sieht generell aus als ob er nie beim Zahnarzt war. Impfungen wurden lange nicht gemacht, Hufe sehen schlecht aus., er hat einen Pils. Alles sieht ein wenig nach Verwahrlosung aus. Muskelzustand, gerade der Oberlinie, ist auch schlecht. Er ist empfindlich im Rücken und empfiehlt zu röntgen. Ok, das machen wir natürlich. Er hat bei zwei der Wirbel hinterm Widerrist einen Engstand. Keine Berührung oder Entzündung oder so, die Wirbel stehen nur eng, das ist "nur" Grad 1. Er will keine Aussage machen, ob man das Pferd so kaufen kann. Er sagt, dass die Halbseitige Kehlkopflähmung ihn nicht beeinträchtigen wird, so lange man nicht die hohe Sportkarriere in der Vielseitigkeit oder so plant. Den Wirbelengstand sieht er kritischer, da muss man ordentlich reiten, viel Muskelaufbau machen und es kann natürlich auch schlechter werden und dann zu Schmerzen kommen. Generell sieht er auch vom Hals und Rücken her so aus als ob er schon in der frühen Ausbildung mit Schlaufen sehr eng eingestellt wurde und dadurch die halbseitig Lähmung entstanden ist und auch der Engstand. Er läuft auch an der Longe in sehr enger Halshaltung und das muss man abstellen. Er sagt aber auch, dass heutzutage und gerade bei einer solchen Abstammung, immer wieder vorkommt und viele Pferde leben gut damit und laufen sogar im hohen Sport. Ich bin völlig überfordert damit, auf den Ton hatte ich mich ja vorbereiten können aber der Rücken. Da fällt mir auch die Verspannung vom zweiten Probereiten wieder ein. Die Verkäuferin sagt dass das generell kein Problem wäre und man nur einen guten Sattel kaufen müsste, sie will uns mit dem Preis entgegen kommen.
Raini bei der AKU
Wir sagen ihr, dass wir das Ganze überdenken müssen und fahren sehr geknickt nach Hause. Zu Hause angekommen ruft mich schon mein RL an, der offensichtlich mit dem Tierarzt gesprochen hat und sagt, dass die Mängel gar kein Problem wäre. Wir sind keine Sportreiter und ich reite auch gut genug und mit einer sehr weichen Hand, er sieht kein Problem damit das Pferd wieder gut Vorwärts Abwärts zu reiten und den antrainierten Engstand wieder los zu werden. Das stimmt mich wieder freudiger und da habe ich mich dann eigentlich schon entschieden das Pferd zu kaufen. Direkt wird alles geregelt, Box gemietet, Transprot für in 3 Tagen organisiert, Versicherung usw. Mein erstes eigenes Pferd wird bald einziehen.
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