Ich hatte hier schon einmal geschrieben warum wir uns für die akademische Bodenarbeit entschieden haben. Hier geht es mehr darum, warum die Bodenarbeit bei uns einen so hohen Stellenwert hat. Wir machen bei unseren Pferden tatsächlich mehr vom Boden aus, als vom Sattel aus. Und wir arbeiten mit anderen Pferden tatsächlich nur vom Boden aus.
Warum?
Meiner Erfahrung nach hat die Bodenarbeit viele Vorteile: Zum einen lernen Pferde sehr viel durchs Spiegeln. Also gerade junge Pferde haben es bei Übungen, Lektionen und Bewegungsmuster einfacher wenn man es ihnen erst am Boden zeigt. Das hat auch einen Vorteil für uns als Menschen: Wenn das Pferd durch spiegeln lernen soll bekommt man selbst auch ein viel besseres Bewusstsein über die eigene Haltung und Bewegung. Das wird sich auch auf die Bewegung und Haltung im Alltag auswirken.
Wenn dem Pferd Tragkraft und essentielle Muskulatur fehlt, dann sollte man sich nicht noch als Reiter mit zusätzlichem Gewicht auf den Rücken setzen. Bei der Bodenarbeit kann das Pferd ebenso Tragkraft und Muskulatur aufbauen ohne dass ich es mit meinem Gewicht belaste.
Für das Reiten brauche ich meist zusätzliches Equipment wie zum Beispiel einen Sattel, der potentiell nicht passt. Gerade bei einem jungen Pferd im Aufbau oder bei einem Reha Pferd im Aufbau macht es Sinn erst einmal ohne einen Sattel/Sattelanpassung zu arbeiten.
Ich selbst als Reiter bin auch erst einmal etwas "störendes" für das Pferd. Gerade junge Pferde oder Pferde denen es noch an Balance fehlt, werden durch den Reiter in ihrer Bewegung "gestört". Pferde werden schneller eine Balance finden ohne dass ein Reiter drauf sitzt.
Viele schwierige Lektionen kann man am Boden gut in einzelne, einfache Teile aufteilen und so lernt ein Pferd auch leichter und schneller.
Ich persönlich finde es leichter Dinge zu sehen als zu fühlen. Also wo genau jetzt welcher Fuß hin fußt, unter dem Schwerpunkt oder daneben etc. Ich bin einfach ein Mensch der besser sieht als fühlt. Das liegt natürlich an jedem selbst.
Um ein neues Pferd besser kennen zu lernen und auch um dem neuen Partner die Chance zu geben den Menschen besser kennen zu lernen. Ich finde das ist einfacher vom Boden aus weil man da auch schneller reagiert finde ich. Das heißt die "Hilfe" kann schneller und präziser kommen und man kann dadurch auch dosierter und damit fairer sein. Und auch gerade bei "ängstlichen" Reitern und vielleicht auch "ängstlichen" Pferden und Energiereichen Pferden eine gute Alternative fürs Reiten bis man sich besser kennengelernt hat.
Bodenarbeit ist auch eine tolle Methode um das Pferd aufzuwärmen. Sowohl bei gesunden Pferden sollte man sich nicht drauf setzen, wenn das Pferd noch nicht warm ist. Zum einen ist dann die Rückenmuskulatur die einen trägt noch nicht warm und bereit einen zu tragen und zum anderen belastet man die kalten Gelenke vermehrt. Und bei Pferden die dazu noch erkrankt sind wie Arthrose oder MIM oder etwas ähnliches, sollte man sich erst recht nicht drauf setzen, so lange die noch nicht aufgewärmt sind. Dazu kommt, dass der Mensch sich am besten auch aufwärmt. Mit der Bodenarbeit kann man die Aufwärmphase aber sinnvoll nutzen.
Und dann kommt da noch die psychische Komponente und das war einer der wichtigsten Punkte bei Raini z.B.: Meiner Erfahrung nach, kann man nicht mit einer Methode Dinge wieder aufbauen, die man mit der gleichen Methode kaputt gemacht hat. Raini ist zum Beispiel beim Reiten, aber sicherlich auch beim longieren, sehr eng gearbeitet worden, er hat sich praktisch in den Hals gebissen. Er hatte einen krassen Unterhals, Axthieb, hat sich nur aus der Schulterheraus gezogen und nicht geschoben, wurde mit viel Hand und sehr viel Bein und Sporen und Gerte geritten. Dazu kam dann noch MIM. Trotzdem war er lieb und hat einfach alles über sich ergehen lassen. Das Beispiel für erlernte Hilfslosigkeit. Da kann man einfach nicht gegen an reiten oder drüber hinweg reiten. Das geht einfach nicht. Da half nur noch ein "Reset". Am Boden konnten wir ihm erst einmal beibringen, dass die Gerte eine Zeige Hilfe ist für das Bein und den Zügel und kein Gegenstand zum Schlagen. Wir haben ihm Bewegungsmuster beigebracht ohne viel Manipulation. Weil ein Annehmen am Zügel oder eine treibende Hilfe mit dem Bein bei ihm sofort zum Einrollen und Verwerfen geführt hat, mussten wir wirklich auf jegliche Manipulation/Berührung verzichten. Bei der Bodenarbeit hat er gelernt, dass die Arbeit mit dem Menschen auch "auf Augenhöhe" statt finden kann. Dass auch sein Input gefragt ist und dass er auch "Nein" sagen kann.
Sicherlich sind Pferde nicht alle gleich und man muss die Methodik für jedes Pferd anpassen. Bei Raini muss ich es auch an die Tagesform anpassen. Manchmal arbeitet es sich besser bei ihm im Rückwärtsführt, manchmal besser in den Longenposition, manchmal besser Linefree und es gibt auch Tage, da funktioniert es im Reiten besser. Und dann gibt es Tage da gehen wir besser Ausreiten oder spazieren. Und dann haben wir auch den einen oder anderen Kandidaten bei dem Funktiniert die Handarbeit besser. Gerade bei Pferden die gerne in den Schultern hängen ist letzteres oft die bessere Trainingsmethode.
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