Als Raini zu uns kam, hatte er keine Eisen. Uns wurde aber gleich gesagt, dass das nur daran läge, dass der Händler möglichst wenig Geld in das Pferd investieren will. Ich fand jetzt nicht, dass seine Hufe schlecht aussahen. Man sagte uns aber, dass wir da möglichst schnell Eisen drauf packen sollte, weil bei um den Stall viel Asphalt war und irgendwann wären die Hufe so runter, dass man gar keine Eisen mehr drauf fixieren kann und dann wäre es zu spät. Und dass er so verhalten laufen würde, läge an den schlechten Hufen. Der geht fühlig. Ja, ich hätte mich damals schon mit dem Thema beschäftigen sollen aber es war gerade so viel was auf uns zu kam. Am Stall hatten gefühlt alle Pferde Eisen, der Reitlehrer, Sattler und Tierarzt rieten uns auch zu Eisen. Und zwei Schmiede sagten dass das Pferd generell sehr schlechte Hufe hätte und niemals ohne Eisen laufen könnte, hinten wie vorne. Dass Raini natürlich nicht verhalten lief wegen der Hufe war uns damals einfach nicht klar. Und wie ein fühliges Pferd läuft wusste offenbar keiner der Leute, wir haben es später erfahren, als wir wieder zurück auf barhuf gestellt haben. Dass es Alternativen wie Schuhe gab, wussten wir damals nicht und sagte uns auch keiner. Also kamen Eisen drauf. Auf alle 4 Hufe. Raini war brav, als er, vielleicht das erste Mal in seinem Leben, Eisen drauf bekam. Aber was schnell auffiel, war, dass ihn der Schmied stresste. Er äppelte immer sehr viel und bekam dann auch Kotwasser. Anfangs fiel es uns nicht auf, weil der Schmied oft vormittags kam und wir dann nicht dabei waren. Die Qualität der Hufe wurde langsam immer schlechter. Das Horn wuchs sehr wenig nach und dann brach es an allen Stellen aus. Der Huf war auch komisch geformt, zumindest anders als ohne Eisen und war immer mega trocken. Also wollten wir beim nächsten Termin mit dem Schmied sprechen. Es war im Sommer und als der Schmied kam zitterte Raini am ganzen Körper. Es war mega heiß an dem Tag, kalt konnte ihm nicht sein. Ich hatte das damals als Angst gedeutet. Er äppelte auch extrem viel und hatte Kotwasser. Als wir dem Schmied sagten, dass die Hufe so sehr schlecht aussehen und wir da gerne Alternative hätten, schiss der uns richtig an und meinte, das läg wohl alles daran, dass unser Pferd so schlechte Hufqualität macht. Er würde da nicht die Eisen runter machen, das wäre Tierquälterei und er kann nur das machen, was er jetzt schon macht. Das war das letzte Mal dass der Schmied da war. Wir holten einen anderen, der aus allen Wolken fiel und uns versprach, dass er helfen kann. Er wollte erst einmal den Huf stärken und sagte, dass man dann vielleicht irgendwann, zumindest hinten die Eisen runden nehmen könnte. Er arbeitete an den Hufwänden mit einer Art Kleber um das ganze Herausgebrochene zu fixieren. Er machte Raini andere Eisen drauf, denn offensichtlich hatte der alte Schmied vorne Eisen von hinten drauf gemacht. Und er gab uns etwas zu füttern für Rainis Hufe. Kurz darauf ist Raini aber in den Offenstall gezogen und wir mussten den Schmied wechseln. Allerdings mussten natürlich erst einmal die Eisen hinten runter, für den Fall dass ein Pferd tritt. Dem neuen Schmied erzählten wir, dass wir gerne hinten ohne Eisen probieren würden aber auch der riet uns davon ab, weil die Pferde ja im Winter an der Raufe und im Stall auf Asphalt standen und dafür wären Rainis Hufe zu schlecht. Wir sollten erst einmal Duplos drauf packen und dann im nächsten Jahr nochmal schauen wie gut das Horn gewachsen wäre. Vorne würde er aber immer Eisen tragen müssen. Irgendwann wurde die Qualität der Hinterhufe aber auch von den Duplos schlechter. Der Huf wurde regelrecht gespreizt und auch da brach wieder alles aus. Da sagte er uns, wir sollten es zumindest den Sommer über, wo die Pferde immer auf der weichen Weide standen, ohne Eisen probieren und dann im Winter wieder welche drauf machen. Das Interessante war, man merkte Rain man nicht einem Tag an, dass er keine Eisen mehr hatte. Er war nicht einen Tag fühlig, auch nicht im Gelände. Interessant war außerdem, dass Raini mit den Eisen immer die Zehen geschleift hat, ohne Eisen tat er das nicht mehr. Immer und immer wieder versuchten wir den Hufschmied zu überzeugen auch vorne die Eisen abzunehmen, er riet uns immer dagegen.
Im Januar 2018, also ca. 2 Jahre nach dem Umzug in den Offenstall konnten wir durch Zufall an einem Hufkurs bei einer Hufbearbeiterin der BPHC (Best Practice Hoof Care) die von annelie Michels und Burkhard Rau gegründet wurde, teilnehmen. Burkhard Rau fand ich sehr gut, von dem habe ich schon einiges über Hufe gelesen. Der Kurs war zwei Tage und beinhaltete einen Theorieteil über Hufe im Allgemeinen, dann einen Theorieteil über die BPHC Arbeit am Huf, dann lernten wir praktisch an Hufen toter Pferde, diese zu bearbeiten und dann gab es auch eine Analyse der Hufe der Pferde aller Teilnehmer. Die Hufe von Raini kamen da wirklich nicht gut weg, aber das hatten wir ja bereits erwartet.
Hinterhufe drehten sich beide nach außen, dadurch ist der Aufhängeapparat unphysiologisch belastet. Die Kraft drückt auf den Hufbeinträger und die Durchblutung ist vermindert.
Hinten waren die Eckstreben zu lang, was Druck auf die Wände ausübte.
Hufe vorne waren hochgestaucht und auch der Winkel stimmte nicht.
Ballen und Hufknorpel waren gequetscht und auf der Hornkapsel war Spannung.
Die Hufe brachen aus.
Auch vorne waren die Eckstreben zu lang. Zusätzlich waren Beulen auf der Sohle, die ebenfalls Druck ausübten.
Bei dem Kurs lernten wir sowohl den Huf zu beurteilen und dementsprechend nachzuarbeiten, sowohl zu Pfeilen als auch zu schneiden (Strahl, Eckstreben). Das sollte uns zumindest beim Hinterhuf schon mal helfen, denn unser Schmied kam maximal alle 6 Wochen, gerne aber auch mal nur alle 7-8 Wochen, was viel zu wenig war. Wir fragten Iria, die Kursleiterin, ob sie meinen würde, dass Raini ohne Eisen laufen könnte. Sie sagte, dass die Umstellung sicher dauern würde, aber es wäre sicher möglich.Und sie empfahl uns sogar, die Eisen abzunehmen, auf Grund der ganzen, durch die Eisen ausgelösten Probleme. Sie sagte, wir sollen die Eisen runter nehmen, wenn die Pferde auf die Sommerweide wechseln, also nicht mehr auf dem Asphalt laufen würden, um die Reibung zu minimieren und weil im Sommer auch mehr Hornwachstum wäre. Des Weiteren empfahl sie uns für die Übergangszeit den Hufschuh Equine Fusion Joggingshuh all Terrain. Sie sagte, dass die Umstellung schon ein Jahr dauern kann, weil es etwa so lange dauert, bis der Huf einmal komplett rausgewachsen ist. Danach könnte man dann auch, je nach Hornqualität, dann einen anderen Hufschuh fürs Gelände suchen.
Wir entscheiden uns dann die Eisen im Sommer runter zu nehmen und sagen das auch so unserem Schmied. Er setzt das um und bestellt uns auch die gewünschten Schuhe. Leider werden die Pferde zu dem Zeitpunkt auf die Winterweide zurückgestellt. Es ist in dem Jahr besonders trocken und nur wenig Gras auf der Weide, daher kommen die Pferde ungeplant zurück auf die Winterweide mit dem asphaltierten Stall. Des Weiteren wurden alle Wege am Stall mit Steinen ausgelegt, was für den Plan, die Eisen abzunehmen eher ein Problem darstellt. Wir haben es Ende Juni trotzdem durchgezogen. Der Schmied hat nur die Eisen abgenommen, aber nichts am Huf getan. Seine ersten Schritte über den Steinigen Weg waren nicht gut anzusehen. Er war richtig fühlig, stolperte, machte Pausen. Jetzt wusste ich, was man beim Pferd unter fühligem Laufen versteht. Da der Schmied an dem Tag erst die Hufe ausgemessen hatte, mussten wir noch eine Woche auf die Schuhe warten. Die Woche machten wir mit ihm gar nichts, er blieb in der Herde und wurde auch am Offenstall gefüttert. Wir hatten schiss, dass es sonst eine Lederhautentzündung bekommen könnte. Wir fühlten jeden Tag seine Hufe, die wurden aber nicht warm. Der Schmied schaute sich die Hufe nach einer Woche nochmal an und übergab uns die Schuhe. Nun konnten wir Raini dann für die steinigen Wege zum Stall die Schuhe anziehen. Die Schuhe waren recht klobig und schwer, so dass er damit etwas schlurfte. Zuerst haben wir mit ihm nur auf Sand und nur am Boden gearbeitet. Da natürlich ohne Schuhe. Wir sind außerdem mit ihm mit den Schuhen viel im Gelände spazieren gewesen, über Stock und Stein und durch Wasser. Klappte alles gut. Nach zwei Wochen haben wir uns wieder draufgesetzt und sind dann auch dazu übergegangen, ihn auf dem Weg zum Stall und zur Halle/Platz keine Schuhe mehr anzuziehen. Die kamen dann nur noch im Gelände drauf.
Es entwickelte sich alles recht gut. Raini hatte in dem ersten halben Jahr keine Huflederhautentzündung, er lief auf den schwierigen Steinchen am Hof sehr schnell nicht mehr fühlig und war in der Zeit auch ein oder zwei Mal ohne Schuhe im Gelände und auch das war kein Problem. Interessanter Weise hatte er in diesem ersten Winter ohne Eisen sehr viel weniger Strahlfäule als in den Jahren davor. Allerdings hatte ich im Februar dann den Eindruck, dass die Hufe zu breit wurden und die Eckstreben wieder zu lang. Der Schmied war aber auch wieder bei 7 Wochen und weigerte sich häufiger zu kommen. Wir nahmen nochmal Kontakt zu Iria auf und schickten ihr Fotos. Sie bestätigte meinen Eindruck von den hebelnden Wänden und sagte auch, dass 7 Wochen einfach viel zu lange ist für barhuf. Die Eckstreben waren zu hoch und zu weit und drückten auch die Wände nach außen. Wir versuchten nochmal mit dem Schmied zu sprechen, aber er hatte kein Einsehen.
Rückblickend muss man sagen, dass seine Umstellung sehr viel besser lief als die von Fabi z.B. Er hatte gar nicht so schlechte Hufe, wie man uns immer gesagt hat. Die Eisen haben sie verformt und weich gemacht. Hätten wir seine Hufe zu Anfang nicht beschlagen lassen und gleich mit Scoot Boots gearbeitet, wäre das viel besser gewesen. Leider hat man uns falsch beraten. Barhuf hebt er seine Beine sehr viel besser und er ist auch viel trittsicherer im Gelände, was bei uns im Bergischen, wo es auch mal steil bergauf oder bergab mitten durch den Wald geht, ganz gut ist. “Ohne Huf kein Pferd” sagt man doch immer. Aus meiner Erfahrung würde ich versuchen, jedes Pferd barhuf zu lassen. Es ist natürlicher für das Pferd barhuf zu laufen, sie haben so viel mehr Gefühl und sind trittsicherer und sicherlich ist es auch für die Gelenke besser. Der Huf lebt, das Pferd fühlt mit seinen Hufen, wenn man das unterbindet mit einem Eisen, erschwert man dem Pferd das Leben. Sicherlich gibt es Erkrankungen, wo das Pferd einen Beschlag braucht. Generell kann ich es aber jedem empfehlen, einen Kurs zu machen, um zu erfahren, was uns die Hufe der Pferde sagen und wie sie eigentlich aussehen sollten. Und am besten lernt man auch ein wenig die Hufbearbeitung praktisch. Es ist nicht nur nützlich, es macht auch Spaß!
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