Dienstag, 29. April 2025

Actyl-L-Carnitin und Carnitin

 L-Carnitin (CAR) und Acetyl-L-Carnitin (ALCAR) wird gerne als Zusatzstoff für MIM Pferde empfohlen, wobei ALCAR etwas bekannter ist, soweit ich weiß. Beide sind chemisch sehr ähnlich und sind metabolisch am gleichen Prozess beteiligt. 




Strukturformel von L-Carnitin von NEUrotiker - Eigenes Werk, Gemeinfrei: Original



Strukturformel von L-Carnitin von Edgar181- Eigenes Werk, Gemeinfrei: Original

CAR ist eine Aminosäureverbindung die aus Lysin und Methionin gewonnen wird. Der Körper kann sie selbst synthetisieren, soweit die Ausgangssubstanzen in ausreichender Menge vorhanden sind. 

CAR spielt eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel, vor allem bei Muskelzellen. Carnitin transportiert Fettsäuren vom Cytosol in die Mitochondrien, wo diese verstoffwechselt werden zur Energiegewinnung. Das heißt Carnitin ist notwendig für die Verstoffwechselung von Fettsäuren zur Energiegewinnung, was insbesondere für Muskelzellen während Belastung. Hierbei wird L-Carnitin zu Acetyl-L-Carnitin und liegt dann so im Mitochondrium vor. 

Neben der Energiegewinnung während Belastung sagt man CAR auch nach, dass es Schäden an der Muskulatur verhindert und damit auch die Muskelregenerierung nach Belastung erleichtert und Verspannungen verhindert.

Grundlegend kann man also sagen dass CAR und ALCAR in den Zellen in einem Gleichgewicht vorliegen und ineinander umgewandelt werden können. Aber was ist der grundlegende Unterschied?

ALCAR ist die Acetylierte Form von CAR, das heißt eine Hydroxy-Funktion ist durch eine Acetylgruppe ersetzt, was zu einer ganz anderen Eigenschaft des Moleküls führt. So hat ALCAR eine bessere Bioverfügbarkeit und kann auch die Blut-Hirn-Schranke passieren. ALCAR soll aber zusätzlich ähnliche Effekte wie CAR bei den Muskelzellen haben. Daher sagt man, dass CAR eher für die Unterstützung als Energiestoffwechsel und Schutz und Regeneration der Muskeln eingenommen werden kann und ALCAR kann zusätzlich noch einen Effekt auf kognitive Fähigkeiten sowie die Psyche haben. 

Da das natürlich alles auf den Humanbereich bezogen ist, habe ich beides ausprobiert. Ich habe mit ALCAR angefangen, denn das ist als Pferde-Zusatzfutter auch schon bekannt, zumindest im englischsprachigem Raum. Ich habe es aber bei Buxtrade (ein Bodybuilder Shop) bestellt, weil es da um einiges günstiger ist. Für Pferde ist eine Gabe von 10 g empfohlen, daher habe ich ALCAR auch bis 10g getestet. Dann habe ich außerdem 5g ALCAR + 5 g CAR und dann noch 10g CAR getestet. Ich habe beides vor der Arbeit und auch mal nach der Arbeit verabreicht:

  • Ich konnte keine Unterschiede beobachten, ob ich ALCAR, CAR oder die Mischung verabreicht habe
  • Ich konnte kaum einen Unterschied beobachten, wenn ich beides vor oder nach der Arbeit gegeben habe. Eventuell war er etwas lockerer wenn er es vor der Arbeit bekommen hat, aber das war dann nur ein minimaler Effekt, der auch durch irgendetwas anderes ausgelöst werden konnte
  • Ich hatte den Eindruck dass Rain man entspannter wirkte und die Muskeln deutlich lockerer waren (ich habe das Ganze im Winter getestet und er hatte keine Decke an). Er war jedoch nicht fleißiger oder aktiver oder aufgedrehter, wie er es durch Q10 oder Vitamin E ist.
  • Alcar riecht komisch, Metalldosen und Löffel rosten mit der Zeit und das Ganze schmeckt scheinbar nicht so gut auf Dauer.

Ich habe es dann erst einmal abgesetzt, weil der Effekt nicht so super auffällig war wie bei Q10 zum Beispiel und ich noch andere Zusätze testen wollte und Wechselwirkungen erst einmal ausschließen will. Ich glaube, dass es gut für Lockerheit und entspannte Muskulatur sowie Regeneration sein könnte und ich werde es definitiv im Winter nochmal einsetzen. 
Ich würde mich bei Raini jetzt für CAR entscheiden, da günstiger und es wird auch besser gefressen von ihm, zumal ich keinen Unterschied bei den beiden feststellen konnte. Wer ein ganz hibbeliges und unkonzentriertes Pferd hat, fährt eventuell mit ALCAR besser. 

Literatur:

  1. Borum, P.R. CarnitineAnn. Rev. Nutr. (Vulme 3, 1983)
  2. Shy Cian Khor et al.: Vitamin E in Sarcopenia: Current Evidences on Its Role in Prevention and Treatment. Oxidative Medicine and Cellular Longevity (Volume 2014; 2014) 
  3. P.R.Borum: The Role of Carnitine in enhancing physical performance. Food components to enhance performance: an evaluation of potential performance-enhancing food components for operatonal rations (Volume 11, Issue 2; 1991)
  4. Anna Montesano et. al.: Potential therapeutic role of L-Carnitine in skeletal muscle oxidative stress and atrophy conditions. Oxid Med Cell Longev (2015).
  5. Sarah E. Seiler et.al: Carnitine acetyltransferarse mitigates metabolic inertia and muscle fatigue during excercise. Cell Metabolism (Vol. 22, 2015)

Donnerstag, 24. April 2025

MIM (PSSM2) detailliert beschrieben

Ich hatte es ja schon in einem anderen Beitrag geschrieben: Auch mir als Chemiker fehlt oft die biologische Basis um alles rund um MIM zu verstehen. Ich bin in anderen Beiträgen schon detailliert auf die einzelnen Varianten P2 und PX eingegangen aber auf den Muskel an sich und die Auswirkung noch nicht. Die meisten der bekannten Mutationen wie z.B. P2, P3 und P4 führen, wenn sie "ausbrechen", zu Strukturdefekten in der Muskulatur. PX zum Beispiel aber wiederum nicht, das ist jedoch in einem anderen Beitrag beschrieben. Dieser Teil hier ist also nur für die Varianten relevant, die zu Muskelstrukturdefekten führt.

Skelettmuskulatur besteht aus Sarkomeren als kleinste funktionelle Einheit. Die wichtigsten Strukturproteine, die das Sarkomer bilden, sind Aktin, Myosin und Titin, das hat man sicherlich schon mal gehört. Sarkomere werden von den Z-Scheiben begrenzt. Z-Scheiben werden auch Z-Linien oder Z-Streifen genannt. Sie sollen der Stabilisierung der Aktin- und Myosin-Filamenten dienen. Sie organisieren die Myofibrillen und sorgt für die korrekte Ausrichtung der Aktinfilamente, was essentiell ist für die Muskelkontraktion. Die Z-Scheiben sorgen somit für die Struktur der Muskulatur und sind auch maßgeblich an der Muskelkontraktion und damit Funktion der Muskulatur beteilig.


 Skelettmuskulatur von Raul654 - Eigenes Werk, Gemeinfrei: Original

P2, P3 und P4 sind Mutationen, die zu einem Veränderten Protein der Z-Scheibe führen können. Das Wiederum führt zu Defekten in der Z-Scheibe, was natürlich die Struktur und Funktion der betreffenden Muskulatur beeinträchtigen kann.

Besser vorstellen kann man sich das Ganze vielleicht auch wie bei einem Muskelkater. Hier findet man nämlich Mikrorisse in den Z-Scheiben. Bis zu 30% der Z-Scheiben können bei einem Muskelkater Defekte aufweisen. Bei mehr als 30% spricht man dann schon von einem Muskelfaserriss. Bei einem Muskelkater, ausgelöst von Mikrorissen in der Z-Scheibe, hat man nicht nur Schmerzen in der Bewegung und ist Druckempfindlich an der entsprechenden Muskulatur, sondern ist auch steifer. Wärme und Entspannung tut hingegen gut. Ich glaube das ist ein sehr guter Vergleich. Man weiß natürlich nicht wirklich, wie sich MIM tatsächlich für die betroffenen Pferde anfühlt, aber ich stelle es mir ähnlich wie Muskelkater vor. Die Intensität hängt dann sicherlich auch davon ab, wie viel von dem defekten Protein in der Muskulatur tatsächlich vorkommt.  Hinzu kommt dann noch die sonstige Konstitution und der Trainingszustand des Pferdes. Ein Pferd das viel Muskulatur hat, kann ein paar defekte Muskelzellen sicherlich besser kompensieren als ein Pferd mit wenig Muskulatur. Ein Pferd mit anderen Baustellen wie ECVM, Kissing Spines oder vielleicht auch nur eine Fehlstellung oder Fehlbearbeitung der Hufe kann Muskeldefekte schlechter kompensieren als ein gut ausbalanciertes Pferd das weniger Baustellen hat. Und daher ist MIM bei vielen Pferden eben auch so unterschiedlich ausgeprägt. Bei den einen merkt man gar nichts obwohl sie viele Varianten haben und dann bei anderen mit nur einer Variante ist das Pferd hochsymptomatisch.